Berliner Fotografen: Ben Wünsch

Ben Wünsch
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Seit wann fotografierst du?

Meine ersten Fotos habe ich mit der Kamera meiner Eltern geknipst und mir mit 16 meinen ersten eigenen Fotoapparat (damals hab ich es noch so genannt) gekauft. Das war in den 90ern. Die Fotos waren aber nicht viel mehr als Urlaubs-Schnappschüsse und aus heutiger Sicht lediglich aus sentimentalen Gründen wertvoll.
So richtig angefangen zu fotografieren habe ich dann 2002, als ich mir meine erste Digitalkamera gekauft habe. Zu dieser Zeit fing ich an, mir über Kompositionen und Bildaufbau Gedanken zu machen und verschiedene Dinge auszuprobieren. Dabei entstanden meine ersten etwas unkonventionellen und experimentellen Bilder. Die Digitalisierung der Fotografie war quasi auch der Beginn meiner Fotografischen „Karriere“.

Hast du dein erstes Bild noch?

Um ehrlich zu sein: ich weiß es gar nicht. Meine ersten Fotos habe ich wie gesagt in jungen Jahren mit einer billigen analogen Kamera gemacht. Einige Abzüge der damaligen Bilder schlummern zwar noch in meinen Archiv herum, wirklich vorzeigbar sind die allerdings nicht. Die ersten Bilder mit meiner ersten Digitalkamera habe ich hingegen noch.

Was sind deine Lieblingsmotive, eher Menschen oder Architektur?

Ich liebe es Menschen zu fotografieren, die sich in einem natürlichen Umfeld bewegen und nicht für die Kamera posieren (klassische Street-Fotografie). Hier hat der Zufall einen großen Einfluss. Wenn es gelingt, diesen einen speziellen Moment einzufangen, ist jedes Foto für sich einzigartig und wunderbar. Die Tatsache, dass diese Bilder nicht reproduziert werden machen den Reiz für mich aus. Kleine Imperfektionen und Zufälle sind für mich das Salz in der Suppe und geben den Bildern das gewisse Etwas. Da ist es für mich auch nicht sooo wichtig, ob der Fokus perfekt stimmt oder nicht. Für meine kleine Galerie auf dieser Seite habe ich ausschließlich Fotos aus dem Berliner Open-Air und Festival-Zirkus ausgewählt. Diese Fotos haben einzigartige Momente eingefangen und lassen für mich die jeweilige Stimmung immer wieder aufs Neue aufleben. Aber auch der Fotografie von „Stillleben“ (z.B. Architektur oder Natur) kann ich viel abgewinnen. Diese Art der Fotografie ist für mich fast schon meditativ. Man kann sich sehr viel Zeit mit Planung, Komposition, Aufnahmetechnik und Tageszeit nehmen. Manchmal mache ich hunderte Aufnahmen von einem Motiv um evtl. noch das letzte Quäntchen aus dem Foto heraus zu kitzeln.

Lieber schwarz/weiß oder Farbe und warum?

Es kommt immer darauf an. Ich tendiere generell stark zu Schwarz/Weiß und bin ein Fan von farblich reduzierten Bildern. Ich mag den Kontrast und die schlichte Eleganz. Wenn alles bunt ist, verliert man oft den Blick für die wesentliche Aussage eines Bildes. Meine Lieblingsbilder (egal ob von mir oder anderen Fotografen) sind schwarz/weiß. Aber auch Fotografien in Farbe kann ich viel abgewinnen, wenn sie gut gemacht sind. Kommt immer ein bisschen auf das Motiv an.

Was hältst von Instagram?

Eine tolle Quelle um auf dem Laufenden zu bleiben aber leider etwas zur Werbeplattform verkommen. Ich verbringe trotzdem täglich etwas Zeit mit Instagram (manchmal mehr, als ich eigentlich möchte). Allerdings werbe ich nicht aktiv um neue Follower zu bekommen. Ich like, was mir wirklich gefällt und unterwerfe mich nicht dem Diktat, möglichst viele Likes zu verteilen um ein paar „Gefällt mir“ zurück zu bekommen.
Als echte Inspiration im Bereich Fotografie ist es für mich allerdings nicht mehr so wertvoll.

Was sind deine Vorbilder, sofern du welche hast?

Meine „Vorbilder“ sind querbeet durch viele Genres vertreten und haben sich im Laufe der Zeit auch stark geändert. Früher fand ich z.B. Panoramafotografie von Nick Wood faszinierend, mochte die Bildsprache und Inszenierungen von David Drebin und befasste mich mit dem Urvater der Streetfotografie Henri Cartier-Bresson. Für eine Zeit fand ich auch die Herangehensweise an Fotografie von Paul Ripke und Steffen Böttcher sehr interessant. Mittlerweile versuche ich meine eigene Bildsprache zu entwickeln und versuche mich nicht zu sehr von anderen Fotografen beeinflussen zu lassen.

Was ist dein Lieblingsblog oder Webseite zum Thema Fotografie?

Vor einigen Jahren habe ich die schon oben erwähnten deutschen Fotografen Steffen Böttcher und Paul Ripke verfolgt. Auch auf youtube habe ich einige Foto-Tutorial-Kanäle abonniert (z.B. the Art of photography). Viele davon sind aber zwischenzeitlich zu review-Kanälen geworden, die eher Produktvorstellungen als Tutorials veröffentlichen. Mittlerweile bin ich weniger auf Fotografie-Blogs sondern tatsächlich eher auf Instagram unterwegs um die neuesten Werke von talentierten Fotografen zu verfolgen. Meine Favoriten momentan sind neben unzähligen Berliner Accounts z.B.

Markus Hoppe – instagram.com/markushoppephotography

Brent Bielman – instagram.com/brentbielmann

Amber Mozo – instagram.com/ambermozo

 

Welches war die letzte Ausstellung, die du besucht hast.

Sony World Photography Awards im Willi-Brandt-Haus, hier in Berlin.

Wo gab es deine Arbeiten schon zu sehen?

Auf meinen Profilen im Netz (Blog, Facebook, Instagram) und bei einigen Foto-Wettbewerben. Eine eigene Ausstellung habe ich bisher noch nicht gemacht, allerdings würde mich das schon reizen. Ich glaube ich stehe mir da ein bisschen selbst im Weg, weil ich denke, dass meine Fotos nicht die nötige Qualität für eine eigene Ausstellung hätten. Auch einen Bildband würde ich gern mal in einer kleinen Auflage drucken lassen. 2015 habe ich mal ein persönliches Projekt für mich gemacht und jeden Tag ein Foto aufgenommen. Das PDF liegt sogar schon fertig auf meiner Festplatte, allerdings hatte ich nie das Kleingeld übrig, um es in Druck zu geben.

Hebst du alle Bilder noch im RAW Format auf, oder findest du das im Internetzeitalter unnötig?

Ich bin da irgendwie ein Kontroll-Freak. Ich speichere noch immer alle RAW-Dateien meiner Fotos ab und bewahre mir damit die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal mit den Original-Dateien zu arbeiten. Da haben RAW-Files einfach viel größere Möglichkeiten, die ich mir offen halten möchte. Aber um ganz ehrlich zu sein, fasse ich die RAW-Dateien nach dem ersten Bearbeiten nur noch selten an. Jedoch kam es auch schon vor, dass man nach Jahren ein bestimmtes Bild doch noch mal anders bearbeiten möchte und da ist es ärgerlich, wenn die RAW-Datei nicht mehr verfügbar ist.

Kannst du dir vorstellen, dass deine Bilder in einer Galerie nicht mehr als Print, sondern nur noch auf Screens erscheinen?

Ich finde die Idee alles andere als abwegig. Ein guter Print kostet nun mal Geld und so hätten auch Fotografen ohne großes Budget die Möglichkeit eine Ausstellung zu realisieren. Auch die potentielle Möglichkeit, gewisse Zeitfenster in einer Galerie zu „mieten“ um seine Kunst zu präsentieren könnte ein Modell für die Zukunft sein. Auf der anderen Seite sehe ich diese Option aber auch als Gefahr, dass Fotografie noch mehr zur Massenware wird. Als Berufsfotograf muss man nun mal von der Fotografie leben und durch die digitale Ausstellung der Bilder geht in meinen Augen etwas der Faszination und Wertschätzung verloren, was in niedrigeren Verkaufspreisen resultiert. Das ist für mich ähnlich wie in der Musikbranche. Heute streamen viele Nutzer ihre Musik und kaufen kaum noch Tonträger. Beim Künstler kommt am Ende wenig Geld an und es wird immer schwerer mit der eigenen Kunst Geld zu verdienen. Der Klang und das Erlebnis eine Schallplatte oder CD aufzulegen ist etwas Besonderes geworden. Für mich ist es ein Luxus, sich die Zeit zu nehmen um z.B. ein Album komplett von vorn bis hinten durchzuhören. Genauso ist es toll einen Bildband durchzublättern. Die Haptik ist einfach etwas Anderes als durch die unzähligen Bilder z.B. auf Instagram zu swipen.
Um aber noch mal auf die Frage zurück zu kommen: ich glaube, dass es in Zukunft Ausstellungen auf Screens geben wird und ich könnte mir auch vorstellen selbst Fotos auf Screens zu präsentieren. Die Haptik und auch die Optik von einem guten Print dürfte in absehbarer Zeit trotzdem noch das Nonplusultra bleiben und wäre auf jeden Fall mein bevorzugtes Medium.

Benutzt du noch analoge Kameras und wenn ja warum?

Nein. Weder besitze ich eine analoge Kamera, noch plane ich in absehbarer Zukunft eine zu kaufen. Ich habe in Vergangenheit mal mit dem Gedanken gespielt, allerdings ist es mir ehrlich gesagt etwas zu aufwendig. Ganz ausschließen möchte ich aber nicht, dass ich mir irgendwann vielleicht doch mal eine Analoge zulegen werde.